Donnerstag, 28. März 2024

Die ewige Kanzlerin und die böse AfD

Ein Gastbeitrag von Jürgen Fritz

Wofür der Name AfD steht, werden die meisten sicherlich wissen: Alternative für Deutschland. Ein marketingtechnisch genialer Schachzug, bei welchem das Unwort Merkels aufgegriffen und gegen sie selbst gewendet wird, wonach die Politik Ihrer Exzellenz stets alternativlos sei.

A. Die ewige Kanzlerin

Wozu sollte dann aber das Volk noch wählen, wenn es zur Politik der Regierung gar keine Alternative gibt? Nicht wenige, nicht nur Prof. Gertrud Höhler, die Merkel vor Jahren schon als „die Patin“ beschrieb, bekommen immer mehr das Gefühl, jetzt schlage zunehmend durch, dass die Dame an der Regierungsspitze eben in einer Diktatur großgeworden ist und weit mehr als die Hälfte ihres Lebens in dieser verbrachte. Merkel mausert sich allmählich zur ewigen Kanzlerin:

Ich gehe zu Lebzeiten nicht aus dem Amt, da könnt ihr machen, was ihr wollt. Wenn ihr jemand anders wählt, dann haben wir halt zwei Kanzler.

Das berühmte Diktum des Begründers des kritischen Rationalismus Karl Popper dürfte der ewigen Kanzlerin nicht bekannt sein, wie sie wohl so vieles, was mit Demokratie und europäischer Geistesgeschichte zu tun hat, nicht kennt. Aber sie weiß offensichtlich sehr genau, wie man genau dieses verhindern kann, was Popper so trefflich beschrieb:

„Die Frage, wer herrschen soll, ist falsch gestellt. Es genügt, wenn eine schlechte Regierung abgewählt werden kann. Das ist Demokratie.“

Zu einem Abwählen-wollen scheint sich aber gar keine Mehrheit mehr bilden zu können, da die ewige Kanzlerin mit einem sehr geschickten Schachzug eine Abwahl ihrer Person nahezu unmöglich gemacht hat: Sie hat die CDU so nah an SPD und dann auch an die Grünen herangeführt, dass es keinen zwingenden Grund mehr gab und gibt, diese zu wählen. Merkel hat über Jahre hinweg jegliche Schärfe aus der Konfrontation der Parteien genommen und damit das Staatsvolk quasi eingelullt, eingeschläfert, insbesondere die SPD- und Grünenwähler. Gerade Letztere liegen ihr inzwischen zu Füßen und beten abends für sie.

Die nach den Schröder‘schen Reformen ohnehin schwer angeschlagene SPD wurde dadurch noch weiter entprofiliert, so dass die ehemalige 40-/45-Prozent-Partei inzwischen auf weit unter 25 Prozent fiel, sogar fürchten muss, unter die 20 Prozent abzusinken. Die Strategie, die hinter all dieser Merkel’schen Machtpolitik steckt, kann man auf einen Begriff bringen: asymmetrisches Demobilisieren. Sich selber so unscharf machen, dass man keinerlei Angriffsfläche mehr bietet, so dass es keine ernsthaften Gegner mehr gibt, die eine Mehrheit mobilisieren könnten, um einen abzuwählen. Ist dies im Sinne des Wesens der Demokratie? Besteht diese vielmehr nicht gerade darin, dass das Volk Alternativen hat, zwischen denen es wählen kann?

Gegen diese Winkelzüge kamen und kommen die anderen Parteien seit Jahren nicht an und haben sich in ihr Schicksal quasi ergeben, dass sie entweder ewig in der Opposition verharren oder aber zeitweise als Juniorpartner ein wenig mitregieren dürfen. Die CSU ist immer wieder unzufrieden, weil sie die alte CDU, die ihr doch zumindest sehr nahe stand, gar nicht mehr wiederfindet, hat aber ebenfalls keinerlei Machtoption, daran etwas zu ändern. Sie kann aus Bayern laut brüllen, wirklich laut. Seehofer kann auf dem CSU-Parteitag ihrer Exzellenz minutenlang die Leviten lesen, nur: bewirken tut das nicht viel. Warum nicht? Weil Merkel genau weiß, dass die CSU machtlos ist und weil sie weiß, dass auch Seehofer das weiß und er weiß, dass sie es weiß. Ganz dumm sind sie ja nicht und wenn es ums machtpolitische Taktieren geht, dann sogar richtig clever.

Denn was passierte, würde die CSU sagen: „Nun reicht es aber, das hat mit konservativer Politik und allem, wofür CDU und CSU jahrzehntelang standen, ja gar nicht mehr viel zu tun. Diese Politik zerstört ja unser Gemeinwesen. Wir lösen die schwesterliche Bande zur CDU hiermit auf und treten bei der nächsten Bundestagswahl nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland an“? Was würde sofort passieren?

Während die CSU 15 neue Landesverbände in ganz Deutschland aufbauen müsste, was wahrscheinlich nicht Monate, sondern eher Jahre dauerte, hätte die CDU ruckzuck einen eigenen Landesverband in Bayern aufgebaut. Damit aber wäre die absolute Mehrheit der CSU und ihre bayerische Hausmacht, die Kernstärke der CSU, für immer dahin. Soll heißen, Seehofer und alle anderen CSU-Politiker sind im Grunde zahnlose Tiger. Sie können knurren, brüllen, kratzen, sie können auch sachlich-inhaltlich mit allem Recht haben, aber sie können nicht beißen. Merkel schon. Nicht weil Merkel Merkel ist, sondern weil sie es geschafft hat, die Schlüsselpartei Deutschlands zu okkupieren und vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen, jeden wegzubeißen, der ihr hätte gefährlich werden können (Friedrich Merz, Roland Koch, Christian Wulff …).

Merkel kann niemand etwas anhaben und das Volk hat inzwischen keine Chance mehr, sie abzuwählen.

B. AfD versus Altparteien

Das war bislang der Stand der Dinge. Doch nun kommt die AfD ins Spiel und verändert alles. Da die CDU etliche Positionen geräumt hat, waren diese vollkommen unbesetzt. Wenn alle für den Euro und für endlose Hilfen für Griechenland waren, Milliarde um Milliarde an Zahlungen und Bürgschaften in diverse demokratisch nicht kontrollierte Rettungsschirme abnickten, die die meisten Bundestagsabgeordneten gar nicht verstanden, und es nur in der FDP einen ganz kleinen Aufstand um Frank Schäffler herum gab gegen dieses Verschleudern deutscher Steuergelder, dann entstand auch hier ein Raum, der nicht besetzt war. Und genau in diesen Raum stieß die AfD hinein und besetzte diese Positionen.

Ähnliches gilt für die Positionierung gegen den Islam, bei dem es sich nachweislich um eine von Grund auf menschen- und grundgesetzwidrige Weltanschauung handelt. Das scheint aber alle vorgeblich demokratischen und vorgeblich verfassungstreuen Parteien überhaupt nicht zu interessieren. Warum nicht? Inzwischen dürften wir mit den 2015 und 2016 Eingewanderten schon zwischen fünf und sechs Millionen Muslime im Land haben und vieles deutet darauf hin, dass man sich politisch dazu entschlossen hat, diese Zahl immer weiter zu steigern und zu steigern und zu steigern. Dies sind aber potentielle Wählerstimmen, denen sich lange Zeit die Grünen und die SPD anzudienen versuchten. Auch hier haben Merkel, Schäuble, Wulff und andere – natürlich wiederum primär aus machtstrategischen Überlegungen – erkannt: Das wären doch auch schöne Wählerstimmen für uns. Schließlich sind wir eine christliche Partei und der Islam ist ja quasi ein (missratenes) Kind des Christentums, steht uns also viel näher als den gottlosen Grünen und Sozis, wenn wir uns den Muslimen nur auch etwas andienen.

Und in der Tat, auch diese Rechnung dürfte aufgehen. Dass hierbei sämtliche Werte der europäischen Moderne verraten oder preisgegeben werden, spielt für die CDU und die anderen „etablierten Parteien“ offensichtlich keine Rolle: die unteilbaren Menschenrechte, insbesondere die Würde eines jeden Menschen (Art. 1 GG), die Freiheit der Person, die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG), die Gleichheit vor dem Gesetz aller, unabhängig vom religiösen, spekulativen Glauben oder dem Geschlecht (Art. 3 GG), die Glaubensfreiheit in Bezug auf ein hypothetisches Jenseits (Art. 4 GG), die Freiheit der Meinungsäußerung, die Pressefreiheit, freie Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre (Art. 5 GG) usw. usf., alles Dinge, die in der islamischen Weltanschauung der Scharia unterworfen und damit relativiert werden.

Die AfD ist somit die einzige Partei in Deutschland, die sich offensiv gegen den Islam stellt und bedingungslos zu unseren Verfassungsgrundsätzen steht.

Dass dies in den Medien herausgearbeitet wird, werden die Altparteien selbstverständlich mit aller Macht zu verhindern suchen.

C. Richard von Weizsäckers Kritik am Parteienstaat: machtversessen und machtvergessen zugleich

Dass unsere Demokratie längst zu einer Parteien-Demokratur entartet ist, kritisierte schon unser ehemaliger Bundespräsident Richard von Weizsäcker vor mehr als 24 Jahren, also fast einem viertel Jahrhundert.

In der Tat geht der Einfluß (der Parteien, jf) weit über den öffentlichen, staatlichen Bereich hinaus. Er reicht direkt oder indirekt in die Medien und bei der Richterwahl in die Justiz, aber auch in die Kultur und den Sport, in kirchliche Gremien und Universitäten. (…)Die Parteien haben sich zu einem ungeschriebenen sechsten Verfassungsorgan entwickelt, das auf die anderen fünf einen immer weiter gehenden, zum Teil völlig beherrschenden Einfluß entwickelt hat.

Der Hauptaspekt des „erlernten“ Berufs unserer Politiker besteht in der Unterstützung dessen, was die Partei will, damit sie einen nominiert, möglichst weit oben in den Listen, und in der behutsamen Sicherung ihrer Gefolgschaft, wenn man oben ist. Man lernt, wie man die Konkurrenz der anderen Parteien abwehrt und sich gegen die Wettbewerber im eigenen Lager durchsetzt.

Doch wo bleibt der politische Wille des Volkes? In einer Demokratie kommt es auf die Gesellschaft im ganzen an, auf ihren Willen, ihre Moral, ihre Einsicht, ihren Geist …

Aber es geht nicht nur um Wahlrechtsänderungen, sondern generell darum, dass die Distanz zwischen Parteien und Bevölkerung nicht immer weiter wachsen sollte.

Den Gedanken, daß die Parteien darauf vertrauen, das Parlament kontrolliere die Exekutive, finde ich mitunter geradezu herzbewegend. Die Wahrheit ist doch weit eher die, daß es die Parteiführungen sind, die den Gang der Dinge in der Gesetzgebung und Regierung steuern. (…)Was hat das noch mit der überlieferten Gewaltenteilung zu tun oder auch nur mit dem Text unserer Verfassung?

Nach meiner Überzeugung ist unser Parteienstaat von beiden zugleich geprägt, nämlich machtversessen auf den Wahlsieg und machtvergessen bei der Wahrnehmung der inhaltlichen und konzeptionellen politischen Führungsaufgabe.

Soweit also Richard von Weizsäcker im Juni 1992. Und nun frage ich Sie: Was hat sich seither geändert? Ist es besser oder ist es noch schlechter geworden? Wurde die Distanz zwischen Staatsvolk und Parteien geringer oder ist sie noch weiter angewachsen? Konnte die Macht der Parteien ein Stück weit gebrochen werden oder haben wir gerade in den letzten zehn Jahren unter Merkel nochmals eine Verschärfung dieser äußerst undemokratischen Entwicklung gesehen?

D. Und was ist jetzt mit der AfD?

Die Macht der Parteien kann offensichtlich nur gebrochen werden durch das Volk. Die Parteien selbst werden das von sich aus nicht tun. Warum sollten sie auch? Was aber ist die AfD anderes als eine Bürgerbewegung, die zu einer Partei wurde, um den Altparteien den Kampf anzusagen und diese ein Stück weit zu entmachten?

Und nun bitte ich Sie: Nehmen Sie sich ein, zwei Stunden Zeit und lesen Sie das Parteiprogramm der AfD, welches in einem einmaligen basisdemokratischen Akt von tausenden Partei-Mitgliedern, nicht Delegierten, sondern ganz normalen Mitgliedern – jedes Parteimitglied konnte teilnehmen – beschlossen wurde!

Hier ein paar Formulierungen und Programmpunkte:

MUT ZU DEUTSCHLAND. FREIE BÜRGER, KEINE UNTERTANEN.

Wir sind Liberale und Konservative. Wir sind freie Bürger unseres Landes. Wir sind überzeugte Demokraten.

Als freie Bürger treten wir ein für direkte Demokratie, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit, soziale Marktwirtschaft, Subsidiarität, Föderalismus, Familie und die gelebte Tradition der deutschen Kultur. Denn Demokratie und Freiheit stehen auf dem Fundament gemeinsamer kultureller Werte und historischer Erinnerungen. In der Tradition der beiden Revolutionen von 1848 und 1989 artikulieren wir mit unserem bürgerlichen Protest den Willen, die nationale Einheit in Freiheit zu vollenden und ein Europa souveräner demokratischer Staaten zu schaffen, die einander in Frieden, Selbstbestimmung und guter Nachbarschaft verbunden sind.

DEMOKRATIE UND GRUNDWERTE

Wir wollen Deutschland reformieren und an die Prinzipien und Wurzeln anknüpfen, die erst zu seinem Wirtschaftswunder und dann zu seinem jahrzehntelangen sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolg geführt haben. Deutschlands Staatsapparat hat inzwischen ein ungutes Eigenleben entwickelt.

Die Machtverteilung entspricht nicht mehr den Grundsätzen der Gewaltenteilung.

Heimlicher Souverän ist eine kleine, machtvolle politische Führungsgruppe innerhalb der Parteien. Sie hat die Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte zu verantworten. Es hat sich eine politische Klasse von Berufspolitikern herausgebildet, deren vordringliches Interesse ihrer Macht, ihrem Status und ihrem materiellen Wohlergehen gilt. Es handelt sich um ein politisches Kartell, das die Schalthebel der staatlichen Macht, soweit diese nicht an die EU übertragen worden ist, die gesamte politische Bildung und große Teile der Versorgung der Bevölkerung mit politischen Informationen in Händen hat. Nur das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland kann diesen illegitimen Zustand beenden.

FORDERUNGEN DER AFD

1. Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild

2. Gewaltenteilung gewährleisten: Trennung von Amt und Mandat, keine Person darf zugleich im Parlament und in der Regierung sein, denn wie soll sonst eine gegenseitige Kontrolle erfolgen?

3. Beschränkung der Parteienmacht

a) Reform der Parteienfinanzierung

b) freie Listenwahl und freies Mandat

c) Verkleinerung des Bundestags auf 471 Abgeordnete

d) Begrenzung der Amtszeit

e) Direktwahl des Bundespräsidenten durch das Volk

4. Lobbyismus eindämmen

a) Reform der Rentenvorsorge der Abgeordneten: Privilegien abschaffen

b) Einführung eines Straftatbestandes der Steuerverschwendung

Und nun frage ich Sie: Merken Sie etwas? Die Forderungen der AfD kommen einer enormen Entmachtung der Parteien gleich. Halten Sie es für möglich, dass alle „etablierten Parteien“ vielleicht deswegen aus allen Rohren schießen und mit allen Mitteln versuchen, die AfD zu bekämpfen, auszugrenzen, zu diffamieren, zu beschimpfen und wenn möglich am liebsten zu zerstören? Hier geht es offensichtlich ans Eingemachte. Und wozu Menschen fähig sind, wenn es just an dieses geht, dürfte klar sein.

Seien Sie also bitte kritisch gegenüber allen Äußerungen von Politikern der „etablierten Parteien“ sowie bei den von diesen durchdrungenen Massenmedien. Bilden Sie sich Ihr eigenes unvoreingenommenes Urteil als Staatsbürger dieser Republik, das heißt, als Teil des Souveräns.

© Foto: von WDKrause (Eigenes Werk) [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons

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jurgen-fritzZum Autor: Jürgen Fritz studierte Philosophie, Erziehungswissenschaft, Mathematik, Physik und Geschichte (Lehramt). Für seine philosophische Abschlussarbeit wurde er mit dem Michael-Raubal-Preis für hervorragende wissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet. Inzwischen ist er als freier Autor tätig. 2012 erschien sein Buch „Das Kartenhaus der Erkenntnis – Warum wir Gründe brauchen und weshalb wir glauben müssen“ in zweiter Auflage.

David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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