Donnerstag, 28. März 2024

Nicht ohne meinen Keuschheitsgürtel

Ein satirischer Gastbeitrag von Jürgen Fritz

Nachdem es in den letzten Monaten zu vermehrten Übergriffen gekommen ist, empfiehlt Thomas de Maizière allen Frauen ab sofort, einen abschließbaren Keuschheitsgürtel zu tragen, sobald sie das Haus verlassen. Von dieser Maßnahme verspricht sich die Bundesregierung auch eine Ankurbelung der Wirtschaft. Aber auch Saudi Arabien und die Türkei, mit denen bereits entsprechende Deals vereinbart wurden, könnten davon profitieren.

Wie das Bundesinnenministerium heute verlautbaren ließ, sollen Frauen auf Grund der häufigen Übergriffe in den letzten Monaten – selbst 79-jährige sollen inzwischen nicht mehr sicher sein –das Haus ab sofort nur noch mit einem abschließbaren Keuschheitsgürtel umgeschnallt verlassen. Um dem Vorwurf zu begegnen, die Bundesregierung würde sich nicht um die Sicherheit der eigenen Bevölkerung kümmern, ließe diese gar im Stich, liefere insbesondere deren weiblichen Teil geradezu aus, will das Kabinett die Anschaffung steuerlich stark subventionieren. Politische Beobachter und Wirtschaftsexperten meinen zwar, dass bei dieser Subvention weniger ein Sich-um-die-eigene-Bevölkerung-Kümmern im Vordergrund stünde als vielmehr ein ökonomisches Motiv, doch das bestreiten De Maizière, Merkel, Seehofer und Gabriel entschieden. Durch die zwischen CDU, CSU und SPD einstimmig beschlossene Maßnahme würde man vielmehr die Einigkeit und Handlungsfähigkeit der Regierung eindrucksvoll demonstrieren. Der Vorwurf, längst wäre die eigene Bevölkerung der Koalition, abgesehen von dem Zeitraum kurz vor den Wahlen, weitgehend egal, man würde vielmehr völlig andere Interessen verfolgen, sei damit eindeutig widerlegt. Außerdem, so räumte Gabriel ein, erhoffe man sich, einen zusätzlichen Wirtschaftsaufschwung evozieren zu können, wodurch die Brexit-Einbußen voll kompensiert würden.

Da die Produktion in Deutschland anfangs den Bedarf noch nicht voll decken können wird, sollen Keuschheitsgürtel zunächst aus der Türkei und aus Saudi Arabien, wo sie schon längst ein Renner sind, importiert werden. Entsprechende Handelsvereinbarungen wurden bereits getroffen. Dafür wurden den beiden Ländern umfangreiche Versprechungen gemacht, zukünftig (noch) stärker auf innerdeutsche Angelegenheiten Einfluss nehmen zu können. Insbesondere soll Saudi-Arabien zugesagt worden sein, weitere zehntausend Moscheen in Deutschland bauen zu dürfen, die allein der saudi-arabischen Kontrolle unterliegen und von Deutschen, auch den Sicherheitsbehörden (!), nicht betreten werden dürfen. In den neuen von den Saudis finanzierten Moscheen sei es auf jeden Fall streng verboten, Deutsch zu sprechen, da nach den neuesten islamwissenschaftlichen Erkenntnissen Allah niemals einen Deutsch- oder Integrationskurs belegt hätte, was er im Übrigen, in diesem Punkt stimmten die Religionsgelehrten sämtlicher islamischer Rechtsschulen ausnahmsweise alle überein, auch nicht nötig habe. Diese Sprache werde es ohnehin nicht mehr lange geben, war aus Saudi-Arabien und auch anderen Ländern des islamischen Kulturkreises zu vernehmen.

Der Türkei soll dagegen versprochen worden sein, dass man öffentlich zwar so tun würde, als ob man die Wiedereinführung der Folter und der Todesstrafe aufs Schärfste verurteile, dass darüber hinaus aber nichts passieren würde, die Türkei also keinerlei Nachteile zu befürchten hätte. Die EU-Beitrittsverhandlungen würde man zwar zum Schein kurzfristig abbrechen, aber nur für ein paar Monate, bis bei der nächsten Krise, die sicherlich bald schon kommen werde, alle abgelenkt seien respektive die Bilder und Berichte der letzten Tage und Wochen bereits vergessen hätten.

Die Gürtel-Anschaffungskosten werden, so die offizielle Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums, zu 50 Prozent, gestreckt über 5 Jahre, steuerlich absetzbar sein. Geringverdienerinnen, Hausfrauen und Arbeitslosen soll – hier hat sich die SPD durchgesetzt – gegen einen Eigenbeitrag von 10 EUR ein Kassenmodell, das dann allerdings etwas zwicken kann, zur Verfügung gestellt werden.

Die Bekleidungsindustrie zeigte sich über diese Maßnahme sehr erfreut, verspricht sie sich doch ebenfalls einen dringend notwendigen konjunkturellen Aufschwung und ist schon dabei, spezielle Bikinis zu entwerfen, die mühelos über dem Keuschheitsgürtel getragen werden können und ausgesprochen sexy sein sollen. In wenigen Tagen schon werden diese in den Geschäften erhältlich sein. Der Sommer und die Freibadsaison können also endlich kommen und die Unbeschwertheit wieder nach Deutschland zurückkehren.

13871909_150971948663150_2137919545_nZum Autor: Jürgen Fritz studierte Philosophie (Schwerpunkte: Erkenntnistheorie und Ethik), Erziehungswissenschaft, Mathematik, Physik und Geschichte (Lehramt). Für seine Examensarbeit wurde er mit dem Michael-Raubal-Preis für hervorragende wissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet. Er absolvierte zusätzlich eine Ausbildung zum Financial Consultant, arbeitete etliche Jahre als unabhängiger Finanzspezialist und ist inzwischen als freier Autor tätig. 2007 erschien sein Buch „Das Kartenhaus der Erkenntnis – Warum wir Gründe brauchen und weshalb wir glauben müssen“.

Hier geht es zur Homepage des Autors: https://juergenfritzphil.wordpress.com/

Hier können Sie sein Buch bestellen: Amazon

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Foto: Historischer Keuschheitsgürtel © By Bullenwächter (Own work) CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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