Donnerstag, 28. März 2024

Heiliger Vater, vergessen Sie bitte die verfolgten orientalischen Christen und Juden nicht!

Von David Berger

Papst Franziskus fällt in jüngster Zeit durch ein mit dem Zeitgeist kompatibles, aber für die Kirche höchst gefährliches Islam-Appeasement auf. Selbst vor einem Vergleich zwischen dem IS-Terror und der kirchlichen Mission schreckt er nicht zurück. Katholische Intellektuelle wie Alexander Kissler schlagen deshalb Alarm. Und auch ein hoch gebildeter spanischer Ordensbruder aus dem Vatikan hat ihm indirekt die „Leviten gelesen“.

Auch wenn es angesichts der Kirchengeschichte abstrus klingt: Die katholischen Bischöfe Deutschlands zeichnen sich derzeit durch ihr völlig kritikloses und auch noch öffentlich ausgesprochenes und von bestimmten Medien als vorbildlich gefeiertes Verhältnis zum real existierenden Islam aus.

Mit solcher „Zeitgeistlichkeit“ fallen sie, wie andernorts gezeigt, nicht nur den Glaubensbrüdern im Nahen und Mittleren Osten in den Rücken, sondern schädigen – angesichts des im derzeitigen Islam weit verbreiteten Antisemitismus und Antiisraelismus – auch die nach den Erfahrungen der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft mühsam wieder aufgebaute Annäherung an unsere älteren Brüder, die Juden.

Bisher war es häufig so, dass man sich bei einem Fehlverhalten oder doppeldeutigen Aussagen des Deutschen Episkopats häufig mit den streitbaren, aber fairen, weil klaren Worten aus dem Vatikan trösten konnte. Dies scheint nun anders zu sein.

Denn auch dem römischen Papst scheint das Schicksal seiner eigenen Leute nicht wirklich wichtig zu sein. Das New Yorker think tank „Gatestone-Institut“ erwähnt in diesem Zusammenhang die Rede von Papst Franziskus vor der UNO, mit der er sich an die Welt wandte und „seine Energie wieder einmal dafür einsetzte, die Umwelt zu verteidigen. In seiner 50-minütigen Rede kam er nur ein einziges Mal auf die verfolgten Christen zu sprechen – und vermischte ihr Leid im selben Satz mit dem angeblich gleichen Leid der ‚Mitglieder der Mehrheitsreligion‘, also dem der sunnitischen Muslime.“

Das neben der fatalen Signalwirkung ebenfalls Tragische an diesem Vergleich, das Franziskus offensichtlich nicht sehen will:  „Sunniten werden nicht wegen ihres Glaubens massakriert, enthauptet und vergewaltigt; ihre Moscheen werden nicht bombardiert und niedergebrannt; sie werden nicht wegen Abfalls vom Glauben, Blasphemie oder Missionierung eingesperrt oder getötet.“

Noch fataler freilich erscheinen die jüngsten Aussagen des Papstes zu den Eroberungskriegen der Muslime: In einem Interview mit der französischen Zeitung „La Croix“ sagte Franziskus:

„Es ist wahr, dass das Konzept der Eroberung der Seele des Islam innewohnt. Aber man könnte das Ziel des Matthäus-Evangeliums, in dem Jesus seine Jünger in alle Nationen aussendet, als gleichen Eroberungs-Begriff interpretieren.“ 

Wer weiß, wie der real existierende Islam derzeit Mission betreibt, wie er mit Konvertiten vom Islam zum Christentum umgeht, wie Christen in Ländern, in denen die Scharia gilt, verfolgt werden – und das mit dem Auftreten der Christen in muslimischen Ländern betrachtet, der kann angesichts dieser Papstworte nur den Kopf schütteln.

Richtig hat deshalb der unter anderem durch seine Loyalität dem Katholizismus gegenüber bekannte Journalist Alexander Kissler in einem auch sonst lesenswerten, die Katastrophe dieses Pontifikates konzise darstellenden Artikel im „Cicero“ bemerkt: „Das Interview, das Franziskus jetzt der französischen Wochenzeitung „La Croix“ gab, räumt alle Zweifel aus: Dieser Papst ist sich für keine Albernheit und keinen Affront wider die eigene Kirche zu schade. Er buhlt wissensschütter um Beifall vor jenen Tribünen der Welt, die sich von ihm nichts versprechen. Vom massenmörderischen Terror des „Islamischen Staates“ und dessen „Eroberungskrieg“ schlägt er eine direkte Brücke zur Sendung der Jünger durch Jesus, welche im Sinne „derselben Idee von Eroberung“ gedeutet werden könne.“

Kissler fragt daher:

„Die Kirche als potenzielle Terrororganisation – eine Entgleisung oder mehr? Was mögen sich Christen, die vor fanatisierten Muslimen um ihr Leben rennen, bei dieser kontrafaktischen Zusammenballung denken? Fühlen sie sich von ihrem Oberhirten getröstet, verstanden, aufgerichtet – oder zynisch im Stich gelassen?“

Die katholische Kirche hat freilich noch ganz andere Köpfe, selbst in dem Orden, dem der gegenwärtige Papst angehört. Und das gerade im Vatikan und aus einer Nation stammend, die – im Unterschied zum Heimatland des Papstes – über Jahrhunderte ihre Erfahrungen mit dem jeweils real existierenden Islam gemacht hat. Die Rede ist von dem unter anderem seit 1974 für die Vatikanische Sternwarte (Specula) arbeitenden, aber weit über den Vatikan hinaus bekannten Astrophysiker und Jesuiten, Pater Manuel Carreira. In einem Interview mit der spanischen Online-Tageszeitung „El Español“  hat auch er sich zum Islam geäußert.

Für ihn ist der Islam als Glaubensrichtung einminimalistisch verzerrtes, sozusagen entkoffeiniertes Christentum“. In seiner real existierenden Form sei der Islam derzeit die größte Bedrohung der westlichen Staaten, ja für die ganze Menschheit; die schlimmste Bedrohung, „die die Menschheit in den vergangenen 2000 Jahren gesehen hat“.

Der Grund: Der Islam sei „völlig unfähig“, aus seinen Grundlagen Respekt vor der Würde des Menschen zu entwickeln. Aufgrund ihres Glaubens seien die Muslime in Europa in einer sinisteren Situation:

„Entweder sie verweigern den Respekt vor den Menschenrechten, dann werden sie zur inneren Bedrohung Europas, oder sie akzeptieren das europäische Denken, dann werden sie zu Ungläubigen und sind nach islamischem Verständnis zu töten.“

Kurz und gut: der Islam sei nicht mit den Werten, die Europa ausmachen, vereinbar. Daher sieht der Jesuit, der über viele Jahre Mitarbeiter an zahlreichen NASA-Projekten in den USA war, in der Idee des multikulturellen Staates eine „intellektuelle Fehlleistung“.

Nachhilfe für den Papst aus der Vatikanischen Sternwarte?

Die Worte des Jesuiten sind starker Tobak. Zumal im Interview immer wieder der Verdacht aufkommt, im gehe es um einen Konkurrenzkampf nicht zwischen Freiheit, Demokratie, offener Gesellschaft und Islam, sondern zwischen Katholizismus und Islam. So etwas, wenn er gleichzeitig postuliert, die Katholizität habe „ein zentrales Schlüsselelement in der Entwicklung des Staates“ zu sein. Hinzukommt: Gerade bezüglich der Einschätzung des Islam als Glaubensrichtung wird nur von einer Minderheit an Forschern die Theorie des Islam als jüdisch-christlicher Sekte, aus der später eine Weltreligion wurde, vertreten.

Mit seiner Einschätzung des real existierenden Islam dürfte aber der spanische Mitbruder des Papstes mit seiner warnenden Einschätzung deutlich näher an der derzeitigen sinistren Realität liegen, als der derzeit regierende Nachfolger des heiligen Petrus.

Ich weiß nicht, ob man den Papst davon unterrichtet hat, dass er im Vatikan eine eigene Sternwarte sein eigen nennt. Ein ernsthaftes Gespräch mit seinem Ordensbruder könnte ihm aber helfen, zu einer realistischeren und seinem Amt angemesseneren Haltung zu finden. Und vielleicht zu einem bessern Verständnis dafür, dass ihn Katholiken anflehen: „Heiliger Vater, vergessen Sie bitte die verfolgten orientalischen Christen und Juden nicht!“

***

Foto: Papst Franziskus in Jerusalem © By ניר חסון Nir Hason (ניר חסון Nir Hason) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

Trending

VERWANDTE ARTIKEL